Ein ca. 6 Wochen zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug mit einer Laufleistung von ca. 3.300 km kann nicht mehr als Neuwagen angesehen werden. Unter Hinweis hierauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschlüssen vom 10.04.2018 (Hinweis) und vom 29.05.2018 (Zurückweisung) das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 05.12.2017 (Az. 2 O 47/17 LG Bielefeld) bestätigt.
Die klagende Gesellschaft aus Rinteln verlangt vom beklagten Versicherer aus Frankfurt weiteren Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 05.08.2016 auf der BAB 2 in der Nähe von Herford. An dem Unfall waren der Pkw Porsche Macan der Klägerin und ein Fiat Punto eines Versicherungsnehmers der Beklagten beteiligt. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagte zu 100 % für den Unfallschaden aufzukommen hat. Der von der Klägerin für 92.400 Euro erworbene Porsche war am 22.06.2016 erstmals zugelassen worden und hatte zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 3.291 km.
Auf der Grundlage eines Schadensgutachtens regulierte die Beklagte den Fahrzeugschaden ausgehend von einem – bezogen auf den Zeitpunkt des Unfalls – Netto-Wiederbeschaffungswert in Höhe von ca. 80.250 Euro und einem Netto-Restwert in Höhe von ca. 55.090 Euro mit einem Betrag von ca. 25.160 Euro. Die Klägerin veräußerte das Unfallfahrzeug zu dem im Gutachten ermittelten Netto-Restwert und erwarb einen neuen PKW gleichen Typs zu einem Kaufpreis von ca. 92.800 Euro.
Mit ihrer Klage hatte die Klägerin von der Beklagten die Differenz zwischen dem von der Beklagten zugrunde gelegten Wiederbeschaffungswert und dem von ihr für den Unfallwagen ausgegebenen Kaufpreis in Höhe von ca. 12.150 Euro als weiteren Schaden ersetzt verlangt. Dabei hat sie gemeint, dass sie ihren Schadensersatzanspruch auf Neuwagenbasis abrechnen könne, weil der Porsche beim Unfall – abzüglich einer Überführungsfahrt – noch keine 3000 km Strecke zurückgelegt habe und als hochwertiges Fahrzeug aufgrund der heutigen technischen Entwicklung länger als früher als Neufahrzeug anzusehen sei. Der Porsche sei beim Unfall in tragenden Teilen erheblich beschädigt worden und gelte auch nach einer fachgerechten Reparatur nicht mehr als neuwertig.
Ebenso wie das Landgericht hat auch der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm das weitere Schadensersatzbegehren der Klägerin für unbegründet erachtet.
In Anwendung der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach welcher ein Anspruch auf Neuwagenentschädigung in der Regel nur bei einer Fahrleistung von max. 1000 km und einer nicht länger als einen Monat zurückliegenden Erstzulassung in Betracht komme, habe das Landgericht der Klägerin zu Recht eine Schadensregulierung auf Neuwagenbasis versagt, so der Senat.
Der vorliegende Fall sei hiervon nicht auszunehmen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren technischen Entwicklung und nach heutiger wirtschaftlicher Verkehrsanschauung sei ein Fahrzeug, das zum Unfallzeitpunkt bereits knapp 3.300 km gefahren und bereits über sechs Wochen zugelassen gewesen sei, nicht mehr als ein Neuwagen anzusehen, bei dem – im Falle einer erheblichen Beschädigung – ausnahmsweise auch ein „Schmelz der Neuwertigkeit“ eine Abrechnung auf Neuwagenbasis rechtfertige. Das bestätigten die Verhältnisse auf dem Markt von sehr jungen Gebrauchtwagen bzw. Fahrzeugen mit Tageszulassung im hochpreisigen Fahrzeugsegment.
Zu Recht habe die Klägerin im Wege des Schadensersatzes (nur) die Mittel zur Beschaffung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren unfallfreien Fahrzeugs erhalten. Ein Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten für die Anschaffung eines höherwertigen Neufahrzeuges stünden ihr nicht zu.
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