(Stand 12’2008)
von Rechtsanwalt Christian Wagner, Dresden
Ein neuartiges Fahrzeug, der sog. „Segway Personal Transporter“, ist auf Fußgänger- und Radwegen, auf Flughäfen, Ausstellungen, großen Industriegeländen und Messen, vor allem aber in eigens für diese Gefährte eingerichteten Funparks immer öfter zu sehen.
Nach geltendem Recht ist es schwer, die Gefährte einzuordnen. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich daher mit Rechtsfragen rund um diese selbstbalancierenden Elektroroller. Schwerpunktmäßig handelt es sich dabei um die Behandlung von Zulassungs- und Versicherungspflicht, Nutzungsberechtigungen sowie Haftungsfragen dieser Fahrzeuge. Zunächst soll in die Thematik kurz eingeführt werden, indem Funktionsweise, Absatz, Verwendung und die Nutzung der Gefährte in anderen Ländern kurz skizziert werden.
Um die diffizilen Rechtsfragen einer Lösung zuzuführen und zu Ergebnissen zu gelangen, werden vergleichsweise Fortbewegungsmittel wie Mofas, Motorskateboards, Elektroskooter und ähnliches betrachtet, da diese mehr oder weniger bauartbedingte Ähnlichkeiten zu den Elektrorollern aufweisen.
A) Einführung
I) Funktionsweise
Es handelt sich bei den „Segways“ um zweirädrige selbstbalancierende elektrische Fahrzeuge, welche ein computergesteuerter Regelkreis automatisch im Gleichgewicht hält. Sie haben etwa die Schulterbreite eines Menschen und können baulich bedingt auf gerader Strecke nicht schneller als 20 km/h fahren, werden sogar häufig noch weiter gedrosselt. Die Zweiräder haben ein Gewicht von ca. 47 kg. Der Fahrer steht zwischen zwei nebeneinander angeordneten Rädern auf einer Plattform und kann sich an einer Lenkstange festhalten, während das Gerät in die Richtung fährt, in die sich der Fahrer lehnt. Neigungssensoren registrieren die Neigung des Fahrers und setzen diese in die Fahrtrichtung um. Bedienelemente wie Bremshebel oder Drehgriffe gibt es nicht, beschleunigt und gebremst wird, indem der Fahrer sich nach vorne bzw. hinten lehnt.
II) Absatz
Nach Herstellerangaben wurden in den ersten fünf Produktionsjahren etwa 30.000 Fahrzeuge verkauft und damit die Erwartungen nicht erfüllt. Jedoch steigere sich der Umsatz jährlich um ca. 50 %
III) Verwendung
Die Selbstbalanceroller sind nicht als Sport- oder Modegeräte, sondern als ernsthaftes Verkehrsmittel konzipiert, um verstopfte Innenstädte vom Autostau zu entlasten. In diesem Markt haben sie sich bisher aber nicht ansatzweise durchgesetzt.
Die Zweiräder finden sich vielmehr oft in Nischenmärkten wieder. So werden sie zum Beispiel als Touristenfahrzeuge für Stadtbesichtigungen oder als „Gagfahrzeuge“ für Werbe- und Produktionszwecke eingesetzt. Sie dienen auch der schnelleren Fortbewegung innerhalb großer geschlossener Räume wie Flughäfen, Einkaufszentren und Messen.
Auch als Patrouillenfahrzeug haben sich die Selbstbalanceroller bewährt. In Amerika werden sie von über 100 Polizeidienststellen, Sicherheitsfirmen und Wachdiensten eingesetzt. Die Polizei des Saarlandes hat in einem Pilotversuch 3 Monate lang Polizisten mit den Selbstbalancerollern Streife fahren lassen. Dieser Pilotversuch erfolgte durch das Innen- und Wirtschaftsministerium des Saarlandes, welches im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen eine Studie durchführte. Hierzu hat das Institut für Mobilität und Verkehr („imove“) den Pilotversuch geplant, begleitet und ausgewertet. Auf dem 130 – seitigen Abschlussbericht kommt es zu dem Ergebnis, dass das Fahren mit den Rollern schnell und intuitiv erlernt werden kann. Zur Zulassung sei allerdings die Schaffung einer neuen Fahrzeugkategorie erforderlich. Die Roller sollten für Fahrer ab 15 Jahren auf Radwegen und mit Schrittgeschwindigkeit auch auf Fußverkehrsflächen zugelassen werden. Erforderlich seien darüber hinaus eine Haftpflichtversicherung mit kleinem Versicherungskennzeichen, sowie eine Signalanlage und angemessene Beleuchtung. Die vorhandene Bremstechnik wird als ausreichend erachtet.
Auf Grund der vielen Besonderheiten gegenüber üblichen Fahrzeugeen ist eine verkehrsrechtliche Zulassung auch im Ausland oft nur schwer zu erreichen. In den USA wurde deshalb extra die eigene Fahrzeugklasse EPAMD ( = Electric Personal Assistive Mobility Device) geschaffen. In Österreich sind die Fahrzeuge seit 2004 als Elektrofahrräder zugelassen.
B) Zulassungspflicht
I) angestrebte Vereinheitlichung
In Deutschland ist die Zulassung der Balanceroller derzeit bereits in einigen Bundesländern möglich. So können die Fahrzeuge in Nordrhein–Westfalen, Rheinland–Pfalz, Schleswig–Holstein, Hamburg, Bayern, Saarland, sowie in Sachsen–Anhalt innerhalb des Stadtparks Rotehorn in Magdeburg mittels Ausnahmegenehmigung zugelassen werden. Die einzelnen Rahmenbedingungen sind allerdings sehr unterschiedlich, zB hinsichtlich der erlaubten Verkehrsflächen und Höchstgeschwindigkeiten sowie bzgl. der Anforderungen an Ausstattung und Beleuchtung. In der Literatur werden diese Zulassungen auf Landesebene teilweise für rechtswidrig gehalten: Schließlich dürften Ausnahmegenehmigungen nicht dazu führen, dass für ein bestimmtes Gebiet Verkehrsregeln suspendiert und damit faktisch verbotenes Landesrecht geschaffen wird[1].
Aber auch die Länder streben aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit und zur Vermeidung unnötigen bürokratischen Aufwands für Ausnahmegenehmigungen eine bundeseinheitliche Regelung an. So wurde der Bundesrat am 23.11.2007 von den Ländern Hamburg und Saarland aufgefordert, kurzfristig die Voraussetzungen für die straßenverkehrsrechtliche Zulassung der Balanceroller in Deutschland zu schaffen.[2] Dies geschah, weil auch das Bundesministerium für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung mit Schreiben vom 01.12.2006 eine zügige bundesweite Zulassung im öffentlichen Verkehrsraum befürwortete, und weil die bisherigen uneinheitlichen Länderregelungen keinen Dauerzustand darstellten.[3]
Eine europaweite Regelung wurde dagegen bereits abgelehnt. So wurde auf schriftliche Anfrage bei der Kommission mitgeteilt, dass die Fahrzeuge nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr bestimmt seien und daher keine Straßenfahrzeuge iSd Gemeinschaftsrichtlinie über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge darstellten.
II) gegenwärtige Rechtslage
Gegenstand dieser Abhandlung soll aber nicht die angestrebte bundeseinheitliche Regelung sein, sondern die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland. So soll zunächst untersucht werden, ob nach dem geltenden Recht eine Zulassungspflicht besteht und ob diese auch erteilt werden kann.
Grundsätzlich ist die Nutzung im öffentlichen Verkehr für Kraftfahrzeuge nur möglich, wenn diese von der Zulassungsbehörde zugelassen worden sind, § 1 Abs. 1 StVG. Es muss daher herausgefunden werden, ob die Balanceroller Kraftfahrzeuge im Sinne des § 1 StVG darstellen. Kraftfahrzeuge sind nach § 1 Abs. 2 StVG alle Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Zur Ermittlung, ob die Balanceroller diese Merkmale erfüllen, dienen mehre rechtliche Ansatzpunkte.
1) vergleichbare Gefährte
Zur Beantwortung der Frage kann es hilfreich sein, vergleichbare Verkehrsmittel nach ihrer Fahrzeugeigenschaft zu untersuchen. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 c) FZV sind nur die Leichtkrafträder von der Zulassungspflicht ausgenommen. Für Mofas besteht daher weiterhin die gesetzliche Zulassungspflicht gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV. Unter die zulassungspflichtigen Fahrzeuge im Sinne des StVG werden auch GoKarts, Minimotorräder, Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor gefasst[4].
Mit den Selbstbalancerollern vergleichbar sind auch die sog. „Elektroskooter“, ein rollerähnliches Fahrzeug mit meist fahrradähnlichem Sattel, welches mit einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben wird und max. 20 km/h fährt. Auch diese Elektroskooter sind „Fahrzeuge“ im Sinne des § 1 StVG. Der Unterschied zu den Balancerollern besteht nur darin, dass der Fahrer nicht steht, sondern auf einem Sattel sitzt, und dass Bedienelemente wie zum Beispiel Bremse und Gasgriff vorhanden sind.
Auch die sog. Motorskateboards sind den Balancerollern ähnlich und können daher vergleichsweise herangezogen werden. Hierbei handelt es sich um Skateboards, oder (amtsdeutsch) „Rollbretter“, an welchen am Heck über den Rädern ein kleiner benzinbetriebener Motor angebracht ist. Bremse und Lenkvorrichtungen fehlen ebenso wie bei den Balancerollern, die Lenkung erfolgt gleichermaßen über Gewichtsverlagerungen. Zur Fahrzeugeigenschaft dieser Gefährte sind bisher noch keine obergerichtlichen Entscheidungen bekannt. In der Literatur werden sie aber wegen ihrer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 28 km/h und der daraus folgenden Gefährdung sowohl für andere Verkehrsteilnehmer wie auch für Leib und Leben des Fahrers selbst als zulassungspflichtige Kfz behandelt[5].
Aus diesen Vergleichen ergibt sich, dass eine Reihe von ähnlichen Verkehrsmitteln die Definition des § 1 Abs. 2 StVG erfüllen und somit der Zulassungspflicht des StVG unterliegen.
2) speziell Balanceroller
Fraglich ist nun die Einordnung der speziellen selbstbalancierenden Elektroroller. Das AG Lübeck hat diese in einer Entscheidung zur Versicherungspflicht der Roller als Kraftfahrzeuge anerkannt[6]. Es sah die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 StVG als gegeben an. Dieser Ansicht ist zu folgen, denn die Balanceroller fahren auf dem Land, und sind nicht an Bahngleise gebunden. Sie werden durch Maschinenkraft, nämlich durch Elektromotoren, bewegt. Für diese Einordnung im Gegensatz zur Kategorisierung als Spielzeug sprechen auch schon Größe und Gewicht der Zweiräder. Darüber hinaus sollen sie der Nutzung im Straßenverkehr dienen. Ihr Verwendungszweck ist daher nicht auf spielende Kinder und Jugendliche, sondern auf Erwachsene zugeschnitten. Des Weiteren beträgt die Höchstgeschwindigkeit der Balanceroller bis zu 20 km/h auf gerader Strecke, sodass sie auch aus diesem Grund kein Spielzeug mehr darstellen können.
3) Zwischenergebnis und Rechtsfolgen
Folglich stellen die Balanceroller Kraftfahrzeuge nach dem StVG dar. Sie müssen nach § 1 Abs. 1 StVG zum Verkehr zugelassen werden.
Der Zulassung im deutschen Verkehrsraum stehen allerdings erhebliche Bedenken entgegen. So fordert § 41 Abs. 1 Satz 1 StVZO, dass ein Fahrzeug zwei voneinander unabhängige Bremsanlagen oder eine Bremsanlage mit zwei voneinander unabhängigen Bedienungseinrichtungen haben muss. Darüber hinaus wird eine Lenkeinrichtung und Beleuchtung vorausgesetzt. Da die selbstbalancierenden Elektroroller über keine separaten Bremsen – gebremst wird durch Gewichtsverlagerung nach hinten -, nicht über eine klassische Lenkeinrichtungen und serienmäßig auch nicht über eine Beleuchtung verfügen, ist die generelle Zulassung derzeit kaum möglich. Zwar dürfte die Lenkmöglichkeit des Gerätes trotz der Neuartigkeit den Anforderungen entsprechen. Auch wird eine Beleuchtung sicherlich „nachrüstbar“ sein. Die zweite Bremsmöglichkeit fehlt jedoch und wird auch nur schwer einzubringen sei. Dennoch haben einige Länder die Balanceroller mittels Ausnahmegenehmigungen für den öffentlichen Verkehrsraum zugelassen.
Es bestünden auch Möglichkeiten, die Balanceroller auf deutschen Straßen zuzulassen. So könnten die Fahrzeuge als Mofas, Krankenfahrstühle oder Fahrräder mit Hilfsmotor zugelassen werden. Dann müssten sie aber die jeweiligen Anforderungen dieses Fahrzeugtyps erfüllen. Eine Einordnung als Leichtmofa etwa setzt voraus, dass das Gewichtserfordernis der Leichtmofa – Ausnahmeverordnung angehoben wird.
Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass nach dem geltenden Recht einer Zulassung der Balanceroller erhebliche Bedenken entgegenstehen. Ein Ausweg könnte die Schaffung einer eigenen Fahrzeugkategorie, ähnlich wie in Amerika, sein. Diese Möglichkeit befürwortet auch die bereits näher ausgeführte, von dem Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebene Studie des Innen- und Wirtschaftsministeriums des Saarlandes: Dort wird die Schaffung einer Fahrzeugkategorie „elektronische Mobilitätshilfe“ favorisiert.[7]
C) Versicherungspflicht
Mit der Fahrzeugeigenschaft einher geht die Versicherungspflicht der Balanceroller. So ist nach § 1 Abs. 1 PflVG der Halter eines Kraftfahrzeugs verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen und Plätzen verwendet werden soll.
I) vergleichbare Gefährte
Auch für ähnliche Gefährte ist eine Versicherungspflicht vorgeschrieben. So wird für Mofas nach § 26 Abs. 1 Satz 1 FZV ein Versicherungskennzeichen erteilt, mit welchem nachgewiesen wird, dass eine Versicherungspflicht besteht. Die Motorskateboards dagegen unterliegen keiner Versicherungspflicht, dies aber nur deshalb, weil die geltenden Vorschriften eine Zulassung unmöglich machen. Davon kann bei den Balancerollern nicht ausgegangen werden, wie schon die Praxis der möglichen Ausnahmegenehmigungen in einigen Bundesländern zeigt. Somit endet hier die Vergleichbarkeit des Motorskateboards mit den Balance – Elektrorollern.
Unter die „Kraftfahrzeuge“, welche nach § 1 PflVG versichert werden müssen, fallen darüber hinaus auch Krafträder, Kleinkrafträder, Leichtkrafträder, Mopeds, Gabelstapler, Motorschlitten und Fahrräder mit Hilfsmotor.[8]
II) Speziell Selbstbalanceroller
Speziell für den „Segway“ hat das AG Lübeck in seiner Entscheidung festgelegt, dass ein Kontrahierungszwang der angerufenen Versicherung besteht und eine Versicherungsbestätigung nach § 5 Abs. 6 PflVG erteilt werden muss.[9] Dieser Ansicht ist nur zuzustimmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 PflVG gegeben sind.
Die Fahrzeugeigenschaft liegt vor. Der Segway soll nicht nur in geschlossenen Räumen und abgesperrten Funparks, sondern auch auf öffentlichen Wegen und Plätzen genutzt werden. Das Fehlen einer Betriebserlaubnis kann der Erteilung einer Versicherungsbestätigung nicht entgegenstehen, denn dies ist zwar in § 3 FZV normiert, allerdings kann diese Vorschrift nicht analog bei der Versicherung von Fahrzeugen angewandt werden. Betriebserlaubnis und Versicherungspflicht sind zwei unabhängige Institute, die nicht miteinander vermischt werden dürfen. Vielmehr gilt für die Frage nach der Versicherungspflicht § 1 PflVG, der eine Betriebserlaubnis nicht voraussetzt. Darüber hinaus ist es durchaus möglich, eine Betriebsgenehmigung zu erteilen, wie schon die Vorgehensweise im Saarland und in Bayern zeigt. Deshalb sind die Balanceroller nicht mit Fahrzeugen gleichzusetzen, denen schon von vornherein keine Betriebserlaubnis erteilt werden kann und für welche daher keine Versicherungspflicht besteht.[10] Eine Befreiung nach § 2 Abs. 1 Nr 6 a) PflVG kommt schon wegen der regelmäßig maximalen Höchstgeschwindigkeit von ca. 20 km/h nicht in Betracht.
Damit sind die Balanceroller, wie schon vom AG Lübeck zutreffend ausgeführt, nach § 1 PflVG versicherungspflichtig.
D) Berechtigung zur Nutzung
Nachdem also Zulassungs- und Versicherungspflicht bei Nutzung auf öffentlichen Wegen und Plätzen gegeben sind und die Zulassungen nach Schaffung einer eigenen Fahrzeugkategorie auch erteilt werden können, ist fraglich, innerhalb welcher Verkehrsräume die Balanceroller benutzt werden dürfen und sollen.
Die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums innerhalb des zulässigen Gemeingebrauchs ist durch Fahrzeuge grundsätzlich jederzeit zulässig (Art. 2 I GG). Dieses Grundrecht wird allerdings durch die StVO beschränkt. Das geltende Recht macht die Nutzungsmöglichkeiten des Verkehrsraumes mit einigen Ausnahmen von der Art des benutzten Verkehrsmittels abhängig; so können Fahrräder auf Radwegen fahren, Fußgänger auf Fußwegen laufen, Autos auf öffentlichen Straßen fahren. Die Beantwortung der Frage, in welchem Verkehrsraum die Balanceroller genutzt werden dürfen und sollen, hängt somit davon ab, auf welche Fortbewegungsart die Zweiräder am ehesten zugeschnitten sind.
I) Nutzung auf öffentlichen Straßen
Nach § 2 Abs. 1 StVO müssen Fahrzeuge die Fahrbahn benutzen. Die Balanceroller stellen Kraftfahrzeuge im Sinne des StVG dar. Fraglich ist aber, ob sie auch von dem Fahrzeugbegriff der StVO erfasst sind. In Betracht kommt nämlich auch, dass sie ein besonderes Fortbewegungsmittel nach § 24 StVO darstellen. Die dortige Aufzählung ist zwar nicht abschließend, Voraussetzung ist aber, dass es sich um ein „ähnliches Fortbewegungsmittel“ handelt. Nach einem Beschluss des OLG Oldenburg fallen auch von Erwachsenen genutzte Sportroller unter den Anwendungsbereich des § 24 StVO.[11] Hiermit sind allerdings Sportroller gemeint, welche ähnlich den Kinderrollern benutzt und nicht mit Elektroantrieb, sondern mit Muskelkraft bewegt werden.
Die speziellen selbstbalancierenden Elektroroller unterscheiden sich von den in § 24 StVO genannten Verkehrsmitteln wesentlich. So sind sie mit Elektromotor angetrieben, wo hingegen Kinderfahrräder, Rollstühle etc mit eigener Muskelkraft betrieben werden. Eine Ausnahme hiervon bilden Kinderdreiräder mit Elektroantrieb, diese fahren nicht mit Muskelkraft, sondern werden eben von einem Elektromotor betrieben und fallen dennoch unter § 24 StVO. Dies gilt allerdings nur, weil sie keine Landfahrzeuge iSd § 1 Abs. 2 StVG darstellen, sondern ein Kinderspielzeug. Davon ist bei den Balancerollern gerade nicht auszugehen, wie bereits ausgeführt. Darüber hinaus fahren die Balanceroller regelmäßig nur bis zu 20 km/h schnell, was sie ebenfalls von den in § 24 StVO genannten Verkehrsmitteln unterscheidet, denn diese fahren nur mit etwas erhöhter Schrittgeschwindigkeit. Somit kann ein „ähnliches Fortbewegungsmittel“ nach § 24 StVO nicht angenommen werden und es bleibt bei der Erfassung unter den Begriff „Fahrzeug“ auch iSd StVO.
Dennoch ist die straßenverkehrsrechtliche Folge, dass die Balanceroller auf öffentlichen Straßen fahren müssen, unbefriedigend. Schließlich erfolgt die Benutzung dieser Fahrzeuge ohne Schutzvorrichtungen wie Helme, Knie- und Ellenbogenschützer oder ähnlichem. Darüber hinaus ist der ungeschützte Fahrer völlig freistehend, und neigt sich nach links oder rechts, um die Fahrtrichtung zu ändern, zu bremsen oder zu beschleunigen. Eine „Knautschzone“ ist nicht vorhanden. Die Gefährlichkeit der Nutzung auf der Fahrbahn für den Fahrer spricht dafür, diese Gefährte von der allgemeinen Straßennutzungspflicht freizusprechen und sie ähnlich den Fahrrädern auf Spezialwege zu verweisen. Nur wenn solche nicht vorhanden sind, kann es dem Fahrer zugemutet werden, die öffentliche Straße zu benutzen.
Nun könnte man entgegen halten, dass die Balanceroller dazu konzipiert wurden, gerade die Innenstädte von den Verkehrsstaus zu befreien. Ihr eigentlicher Nutzungszweck sei daher gerade auf die öffentlichen Straßen zugeschnitten. Zu berücksichtigen ist aber, dass sich die Balanceroller für diesen Zweck noch nicht bewährt haben. Das schnellere Vorankommen in der Innenstadt lässt sich hierzulande immer noch am besten mit dem Fahrrad, den öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß erreichen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich dies durch die Erfindung der Balanceroller in absehbarer Zeit ändern wird. Dies zeigt sich schon daran, dass es sich auch drei Jahre nach seiner Einführung auf dem deutschen Markt immer noch um ein Nischenfahrzeug handelt, welches in der Bevölkerung zwar teilweise schon bekannt ist, mit dem sich aber nur ein kleiner Bruchteil der Allgemeinheit ernsthaft auseinandergesetzt hat. Somit ist der eigentliche Nutzungszweck kein Argument für die Zulassung auf öffentlichen Straßen.
Gegen eine Nutzung auf öffentlichen Straßen spricht des Weiteren die Gefährlichkeit für andere Straßenfahrzeuge. Die Selbstbalanceroller fahren zwar schon immerhin, aber dennoch eben auch nur 20 km/h, was weit unter dem innerörtlichen Durchschnitt liegt, ganz zu schweigen von Landstraßen außerorts. Die anderen Verkehrsteilnehmer würden daher durch ein derart langsames Fahrzeug erheblich behindert, zumal Möglichkeiten zum ordnungsgemäßen Überholen ähnlich wie bei der Überholung eines Fahrrades meist nur in wenigen Fällen gegeben sind.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sowohl aus Fahrer- wie auch aus Verkehrsteilnehmersicht weniger gefährlich ist, die Balanceroller ähnlich einem Fahrrad, zur besseren Vergleichbarkeit auch mit Hilfsmotor, zu behandeln und auf die Radwege zu verweisen. Nur wenn diese nicht vorhanden sind, oder sich aus der Beschaffenheit der Straße und einer daraus folgenden Tempobeschränkung eine Nutzung ohne derartige Gefährdungspotenziale ergibt, sollte der Balancerollerfahrer auf öffentlichen Straßen am Verkehr teilnehmen dürfen.
Diese Gedanken scheinen auch die Länder, welche eine ausnahmsweise Zulassung erteilen, bewegt zu haben. So sind die Fahrzeuge in Nordrhein–Westfalen, Hamburg und Bayern nur auf öffentlichen Straßen zugelassen, wenn es sich um verkehrsberuhigte Zonen handelt oder um innerörtliche Straßen, welche nicht mit dem Autobahnzeichen gekennzeichnet und nicht autobahnähnlich ausgebaut. Voraussetzung ist auch, dass Fahrradwege nicht vorhanden sind. Im Saarland und in Sachsen-Anhalt ist dagegen eine Ausnahmegenehmigung für die Zulassung auf öffentlichen Straßen überhaupt nicht vorgesehen.
II) Nutzung auf Radwegen
Auf Radwegen ist eine ausnahmsweise Zulassung dagegen in allen Ländern, die diese Praxis anwenden, erlaubt. Diese Regelung erscheint auch bundeseinheitlich erstrebenswert. Hierfür spricht schon die Vergleichbarkeit mit einem Elektrofahrrad. Sowohl bei diesem als auch beim Segway besteht weder eine Helm-, noch eine sonstige Schutzpflicht. Der Fahrer ist bei etwaigen Kollisionen derart ungeschützt, dass es sofort zu körperlichen Verletzungen kommt, denn es befinden sich am Fahrzeug keine Schutzvorrichtungen, welche Beschädigungen abfangen könnten. Beide Fahrzeuge werden nicht mit Muskelkraft, sondern von einem Elektromotor betrieben und fahren etwa 20 km/h schnell. Ein Fahrrad ohne Hilfsmotor kann bei derartiger Muskelkraft auch viel schneller, mitunter bis zu 60 km/h und schneller fahren, und wird dennoch auf Radwege verwiesen, was wiederum gegen eine generelle Zulassung auf öffentlichen Straßen spricht.
Die Fortbewegung der selbstbalancierenden Elektroroller ist daher der eines Fahrrades mit Hilfsmotor sehr ähnlich. Letzteres unterliegt sogar einer Benutzungspflicht gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO, sodass die Nutzung durch erstere zumindest erlaubt, wenn nicht sogar vorgeschrieben werden muss.
III) Nutzung auf Fußwegen
Einer Nutzung auf Fußwegen stehen erhebliche Bedenken entgegen. Diese sind nämlich grundsätzlich den Fußgängern vorbehalten; andere Verkehrsteilnehmer, mit Ausnahme der Radfahrer bis 10 Jahre und der Führer der so genannten besonderen Fortbewegungsmittel, dürfen diese nicht benutzen.
Da der Balanceroller mit Motorkraft betrieben wird und ein Kraftfahrzeug darstellt, darf er nach diesem Grundsatz auf Fußwegen nicht benutzt werden. Dafür spricht auch, dass die Fußgänger auf Fußwegen mit einer Gefährdung durch andere Fahrzeuge nicht rechnen müssen[12]. Die Balanceroller fahren aber mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h und daher weit über der normalen Schrittgeschwindigkeit, sodass Überholvorgänge unausweichlich sind. Durch derlei Überholmanöver würde der Fußgängerbetrieb gestört, und eine Gefährdung der Fußgänger kann nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus stellt bereits das Radfahren auf Fußwegen einen groben Verkehrsverstoß dar. Es wäre daher widersprüchlich, das dieser Fortbewegung ähnliche Rollerfahren auf Fußwegen als erlaubt und sinnvoll darzustellen.
IV) Nutzung im Gelände, auf Waldwegen
Darüber hinaus ist fraglich, ob die Selbstbalanceroller im Gelände und auf Waldwegen zugelassen werden sollten. Eine derartige Nutzung war ursprünglich von den Entwicklern nicht vorgesehen. Sie hat sich aber durch Abenteuerlust und dem Drängen nach freier Bewegung in der Natur entwickelt. Zudem sind Geräte auf dem Markt, die eigens auf eine Nutzung im Gelände zugeschnitten sind und über breitere und größere Reifen sowie sonstige geländetypische Ausstattung verfügen.
Jene Entwicklung kann mit der des inzwischen als „Mountainbiking“ etablierten Sportart verglichen werden. Auch dort wurde das zunächst als bloßes Fortbewegungsmittel konzipierte Fahrrad gewissermaßen zweckentfremdet, um sich so in der freien Natur uneingeschränkt und schnell bewegen zu können, in Wäldern und im Gelände herumzufahren, ohne ein festes Ziel vor Augen zu haben und ohne den Plan, „von A nach B“ kommen zu wollen. Für dieses Mountainbiken abseits von gesicherten Waldwegen existieren in Deutschland außerhalb des – insoweit lückenhaften – Naturschutzrechts keine speziellen rechtlichen Regelungen. Man kann nur an die allgemeinen Sittlichkeits- und Moralvorstellungen der „Biker“ appellieren und voraussetzen, dass sowohl im Wald lebende Tierarten wie auch Waldspaziergänger und Wanderer nicht gestört werden. Dies wird allerdings von den Sportlern meistens auch berücksichtigt, zumal sich diese den Sport regelmäßig auch auf Grund ihrer Neigung und ihrem Respekt vor der Natur ausgesucht haben.
Die Balanceroller können nun aber auf Grund ihrer technischen Beschaffenheit nicht in gleichem Maße genutzt werden wie die Mountainbikes. Denn hier kommt es nicht auf die Sattelfestigkeit und die Ausgeglichenheit der Bremsbelastung an. Vielmehr existiert überhaupt keine mechanische Bremse, und anstatt in einem Sattel zu sitzen, steht der Fahrer aufrecht und kontrolliert sein Gefährt durch seine eigenen Körperneigungen. Beim Fahren über ungesicherte Waldpassagen ist die Möglichkeit des Kontrollverlusts über die eigene Körperneigung zu hoch. Dennoch ist es – zweifellos nach ausreichendem Training – möglich, die Balanceroller auf Waldwegen sowie flachen oder hügeligen Geländestücken zu nutzen. Auch hierfür sind keine speziellen Regelungen ersichtlich. Sie erscheinen auch nicht erforderlich, da eine mögliche Gefährdung anderer nicht sehr wahrscheinlich ist. Daher ist das Fahren auf Waldwegen und im Gelände weiterhin von der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG und im Besonderen vom daraus abgeleiteten Grundrecht der Fortbewegungsfreiheit erfasst und nicht durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt.
Einer Zulassung zur Nutzung auf gesicherten Waldwegen und flachen Geländepassagen dürfte daher nichts entgegenstehen.
V) Zwischenergebnis
Das Fahren mit den selbstbalancierenden Elektrorollern ist am ehesten mit der Fortbewegung eines Fahrrades mit Hilfsmotor vergleichbar. Daher sind die Roller für die Nutzung auf öffentlichen Straßen nur zuzulassen, wenn es sich um verkehrsberuhigte Zonen handelt oder keine Radwege vorhanden sind. Im Übrigen besteht ein Benutzungszwang für Radwege. Darüber hinaus spricht auch nichts gegen eine Nutzung auf Waldwegen oder im Gelände, solange keine Gefährdung oder auch nur Störung anderer zu erwarten ist.
E) Haftungsfragen
Bei der Nutzung der Geräte auf Radwegen bzw. öffentlichen Straßen ergeben sich auch haftungsrechtlich relevante Fragen. Von besonderem Interesse dürfte dabei die Haftung des Fahrers und die des Halters sein, wenn es zu einem Unfall kommt. Problematisch erscheint aber auch die Haftung desjenigen, der ein solches Gefährt zum privaten Gebrauch mietet bzw. vermietet, und desjenigen, der es zur Eigennutzung oder Vermietung herstellt (Herstellerhaftung).
F) Halter- und Fahrerhaftung bei Unfall
Die Haftung von Halter und Fahrer ist zunächst gemäß der straßenverkehrsrechtlichen Einteilung nach Gefährdungs- und Verschuldenshaftung zu trennen.
1) Gefährdungshaftung
In Betracht kommt zunächst die Haftung des Halters nach § 7 StVG. Diese Norm ist auf die Segways nicht anwendbar, da sie baulich bedingt auf eine auf eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gedrosselt sind. Nach § 8 Ziffer 1 StVG gilt die Haftung aus § 7 StVG nicht, wenn ein Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Sollten die Geräte im Einzelfall auf flacher Strecke schneller als 20 km/h fahren können, würde der Ausschluss nach § 8 Ziff. 1 StVG nicht greifen. Die grundsätzliche Gefährdungshaftung des Halters nach § 7 StVG beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der im eigenen Interesse eine Gefahrenquelle schafft, für alle aus dieser Gefahrenquelle hervorgehenden Schädigungen einzustehen hat, egal ob diese verschuldet oder auch bei aller Sorgfalt nicht vermeidbar waren. Im Falle der Balanceroller wird das Risiko geschaffen, dass durch den Betrieb desselben im öffentlichen Verkehrsraum Schädigungen eintreten. Dennoch ist es erlaubt, mit solch einer Gefahrenquelle herumzufahren, solange das Fahrzeug zugelassen und versichert ist. Der Gedanke der Gefährdungshaftung, nämlich die Einstandspflicht als Gegenleistung für die erlaubte Gefahrenquelle, ist daher auch bei der Haltung eines solchen Balancerollers grundsätzlich einschlägig. Den Elektrorollern haften nämlich gerade die Risiken an, für die der Gesetzgeber eine Einstandspflicht verlangt. So können Mitmenschen durch eine Kollision mit dem Roller verletzt werden. Es ist auch möglich, dass sich der Fahrer selbst erhebliche Verletzungen zuzieht, wenn er mit dem Roller stürzt. Der Hintergrund der Ausschlüsse, nämlich dass derartige Risiken bei langsam fahrenden Fahrzeugen nicht vorliegen, ist daher bei schneller als 20 km/h fahrenden Rollern nicht gegeben. Somit ist der Ausschluss der Gefährdungshaftung in den Fällen der selbstbalancierenden Elektroroller nicht vom Gesetzgeber gewollt, soweit sie schneller als 20 km/h fahren.
Halter im Sinne des § 7 StVG ist, wer das Kfz für eigene Rechnung gebraucht und die Verfügungsgewalt innehat. Unerheblich ist, in wessen Eigentum das Fahrzeug steht. Wer also den Balanceroller in Anschaffung sowie laufenden Reparaturen bezahlt hat und darüber in dem Sinne verfügen kann, dass er bestimmen kann, zu welcher Zeit welches Ziel angestrebt wird, ist Halter desselben. Weitere Voraussetzung für die Haftung ist, dass der Schadensfall bei Betrieb des selbstbalancierenden Elektrorollers auftritt. Es muss zwischen dem Kfz–Betrieb und dem Schaden ein adäquater rechtlicher Zurechnungszusammenhang bestehen.
Sobald die Voraussetzungen der Halterhaftung nach § 7 StVG vorliegen, ist auch der Fahrer des Fahrzeugs nach § 18 StVG verpflichtet, für den verursachten Schaden einzustehen. Fahrer ist, wer das Kraftfahrzeug lenkt. Diese Definition erscheint hier nur auf den ersten Blick problematisch, da die Balanceroller zwar nicht über ein Lenkrad verfügen, aber durch Gewichtsverlagerung von demjenigen, der auf dem Brett steht, gelenkt wird. Abgesehen davon ist sie diese Definition hier nicht zur Abgrenzung von anderen Personen erforderlich, da bei den Rollern – anders als bei anderen Fahrzeugen – klar ist, wer als Fahrer in Betracht kommt. Denn auf dem Trittbrett des Rollers findet nur eine Person Platz. Fahrer des Balancerollers ist daher, wer auf dem Trittbrett steht.
Die auf den Fahrer übertragene Gefährdungshaftung des Halters ist allerdings genau genommen keine Gefährdungshaftung, denn nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Schaden nicht durch ein Verschulden des Fahrers entstanden ist. Es handelt sich daher eigentlich um eine Verschuldenshaftung, jedoch mit umgekehrter Beweislast.
2) Verschuldenshaftung
Da die Gefährdungshaftung des § 7 StGB regelmäßig nicht greifen wird, steht die Verschuldenshaftung im Vordergrund. Neben der Haftung für das Inverkehrbringen einer Gefahrenquelle können sowohl Fahrer als auch Halter der Balanceroller nach § 823 Abs. 1 BGB haften. In Betracht kommt auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 in Verbindung mit einem Schutzgesetz, zum Beispiel aus der StVO, StVZO oder aus dem StGB. Beide Tatbestände setzen jedoch Verschulden voraus, dessen Nachweis im konkreten Fall häufig problematisch sein dürfte.
Eine besondere Rolle für die Haftung des Halters spielt § 831 BGB, die Haftung für den Verrichtungsgehilfen. Verrichtungsgehilfe ist, wem vom Halter Tätigkeiten übertragen werden, welche er weisungsgemäß ausführt. Wer also etwa seinen Angestellten auffordert, Erledigungen vorzunehmen, und ihn aus Zeitgründen die Nutzung des eigenen Balancerollers aufträgt, kann nach § 831 BGB für einen eingetretenen Schadensfall zur Verantwortung gezogen werden.
II) Produkthaftung des Herstellers
Eine weitere denkbare Konstellation der Haftung ist die des Herstellers, der ein fabrikneues Produkt ausliefert, welches einem Mangel unterliegt und auf Grund der Mangelhaftigkeit bei der Fahrt einen Schaden verursacht. In dieser Situation kommt – neben der vertraglichen Mängelhaftung des Herstellers als Verkäufer – § 1 ProdHaftG zur Anwendung, sodass ganz grundsätzlich alle Körper- und Gesundheitsschäden sowie – bei Schäden an einer anderen Sache als dem fehlerhaften Balanceroller selbst – auch alle Sachschäden ersetzt werden. Die Haftung nach dem ProdHaftG ist gem. § 14 unabdingbar, sodass der Hersteller einen entsprechenden Haftungsausschluss nicht wirksam vereinbaren kann.
In der Praxis wird es zu einer Haftung des Herstellers allerdings nur in den seltensten Fällen kommen, denn zu berücksichtigen ist immer auch ein Mitverschulden des Anspruchsgegners gem. § 6 Abs. 1 ProdHaftG iVm § 254 BGB. Der Fahrer ist zumindest verpflichtet, vor der ersten mit dem neuen Gerät im Rahmen seiner Möglichkeiten zu überprüfen, ob ein Mangel vorliegt. Darüber hinaus muss der Fahrer gerade bei der ersten Fahrt auf dem neu gekauften Gerät zunächst überprüfen, ob er mit diesem so zurechtkommt, dass der Nutzung im öffentlichen Verkehr keine Bedenken entgegenstehen. Dies bedarf einiger Übung. Die allererste Fahrt ist daher bei geringer Geschwindigkeit und nach Möglichkeit in geschlossenen Verkehrsräumen, zB auf dem eigenen Grundstück, ausführen. Das Ausmaß eines Unfalls bei dieser Fahrt kann folglich in der Regel nicht in sehr großen Personen- oder Sachschäden bestehen.
Handelt es sich nicht um einen privaten Käufer, sondern um einen gewerblichen Vermieter, bei welchem der Schaden eintritt, so wird die Herstellerhaftung in noch selteneren Fällen zur Anwendung kommen. Denn der gewerbliche Vermieter wird in der Regel Kaufmann im Sinne des HGB sein, sodass er schon nach handelsrechtlichen Prinzipien zur besonderen Sorgfalt verpflichtet ist. Hierzu gehört es zum einen, ein gerade geliefertes Gerät nicht sofort an den Mieter auszuhändigen, sondern es zunächst selbst auf seine Gebrauchsfähigkeit hin zu überprüfen. Zum anderen ist ein Kaufmann nach § 377 HGB zur sofortigen Untersuchung der Ware verpflichtet. Die Geräte sind technisch nicht derart diffizil, dass es höchst schwierig bis unmöglich ist, einen Mangel auf den ersten Blick zu erkennen. Es bedarf keines großen technischen Spezialwissens über Bauart oder Funktionstüchtigkeit. Der Vermieter dieser Geräte ist darüber hinaus in der Regel technisch nicht völlig unversiert und wird daher einen Mangel bei der ersten Untersuchung nach Lieferung feststellen können. Dann muss er ihn aber auch unverzüglich rügen, sonst gilt die Ware als genehmigt, § 377 Absatz 3 HGB, sodass er keine Rechte aus dem ProdHaftG mehr geltend machen kann.
III) Haftung des Vermieters
Die selbstbalancierenden Elektroroller werden oft auch als Freizeit-Spaßfahrzeug genutzt. Hierzu sind in einigen deutschen Städten bereits sog. Funparks eingerichtet worden, in denen mit dem Fahrzeug über Hindernisse und entlang vorgesteckter Parcours gefahren werden kann. Darüber hinaus werden Stadtbesichtigungen für Touristen mit diesen Gefährten angeboten. Für diese Zwecke wird oft ein Mietvertrag über den Roller geschlossen, ähnlich den Leih- oder Mietverträgen für Autos.
Hieraus ergibt sich die nächste Haftungsproblematik: Welche Haftung trifft den Vermieter ganz grundsätzlich und welche, wenn der Mieter mit dem Fahrzeug verunfallt?
Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Überlassung des Fahrzeuges an einen Dritten nicht der Verlust der Haltereigenschaft einhergeht. Nochmals, Halter ist, wer das KfZ für eigene Rechnung gebraucht und die Verfügungsgewalt innehat. Der Vermieter des Fahrzeugs vermietet dieses im Regelfall für eigene Rechnung und kann auch bestimmen, wer damit fährt. In den Funparks kann er auch bestimmen, wo damit gefahren wird, nämlich nur innerhalb des Parks. Die Haltereigenschaft bleibt daher in der Regel auch bei Vermietern bestehen, sodass diese der Gefährdungs- und Verschuldenshaftung des Halters unterworfen sind, ersterer aber nur bei nicht gedrosselten Fahrzeugen.
In der Praxis werden die Vermieter sich von ihrer Haftung freihalten, indem sie einen Haftungsausschluss vereinbaren. Praktisch kann das Fahrzeug dann nicht angemietet werden, wenn der Haftungsausschluss nicht unterzeichnet und damit wirksam vereinbart wird. Auf einen solchen Haftungsausschluss kann der Vermieter sich aber nur berufen, wenn es sich um vorhersehbare Handlungsgeschehnisse handelt. Vorhersehbar ist etwa ein Schaden, welchen der Mieter durch einen Fahrfehler verursacht, wenn dieser Schaden auch bei einem anderen („objektivem Dritten“) eingetreten wäre, der den gleichen Fahrfehler begeht. Bei derartigen Fahrfehlern des Mieters ist der Vermieter daher von der Haftung frei.
Für Schäden, die auf Grund von technischen Mängeln entstehen, kann dagegen kein vollständiger Haftungsausschluss vereinbart werden. Wenn bei dem bisher völlig makellosem Balanceroller plötzlich die Neigungssensoren oder der Elektromotor ausfallen, und dadurch ein Schaden entsteht, so ist der vereinbarte Haftungsausschluss nicht anwendbar. Dies gilt deshalb, weil es unverhältnismäßig wäre, dem Mieter das Risiko für derartige unvorhersehbare Ereignisse aufzubürden. Mieter sind in der Regel Privatpersonen, die die neuartigen Geräte in ihrer Freizeit in den Funparks ausprobieren oder Touristen, die während einer Städtereise mit den Balancerollern die besuchte Stadt besichtigen wollen. Sie können nicht wissen, ob das Gerät vor der Überlassung an sie technisch in ausreichendem Maße gewartet wurde oder ob es bisher völlig einwandfrei funktionierte, sie müssen sich darauf verlassen können. Aus dieser Ungewissheit folgt gleichzeitig, dass sie von der Gefahr einer Haftung für derartige unvorhersehbare technische Mängel freizustellen sind. Denn die Haftung auf die Mieter als Fahrer des Fahrzeugs zu übertragen, wo der Vermieter doch mit den Geräten technisch viel vertrauter ist und darüber hinaus in der Pflicht steht, diese regelmäßig zu warten, wäre unverhältnismäßig hart für den Mieter und erscheint auch nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil ergibt sich aus der Wartungspflicht des Vermieters gerade, dass diesem eine Haftung für Schäden, welche auf Grund eines technischen Mangels des Fahrzeugs entstehen, aufgebürdet werden muss. Der deliktischen Haftung kann sich der Vermieter jedoch dadurch entziehen, dass er nachweist, das vermietete Gerät ordentlich und regelmäßig gewartet und den Mieter ausreichend in die Benutzung eingewiesen zu haben. Sollte man eine Halterhaftung des Vermieters über § 7 StVG annehmen, was wegen der Geschwindigkeit von 20 km/h grundsätzlich ausscheiden dürfte, haftete der Vermieter jedoch verschuldensunabhängig. Diese Haftung besteht jedoch nur gegenüber Dritten, nicht gegenüber dem Fahrer (Mieter) selbst, da insoweit der Ausschluss nach § 8 Ziff. 2 StGB greift.
IV) Haftung des Mieters
Für die Haftung des Mieters Dritten gegenüber gelten die deliktischen Anspruchgrundlagen aus § 823 Abse. 1 und 2 BGB, sowie – soweit anwendbar – die allgemeine Fahrerhaftung nach § 18 StVG. Jegliche Fahrfehler, ob aus Leichtsinn oder aus Ängstlichkeit, welche zu einem Schaden führen, sind daher von der Haftung des Mieters als Fahrer des Fahrzeugs erfasst. Er muss also für Schäden, die auf Grund seines Fahrfehlers eintreten, in der Regel selbst – gegebenenfalls als Gesamtschuldner neben dem Halter – einstehen.
Noch völlig offen bleibt die Frage, ob er sich davon freihalten kann, indem er auf seine Haftpflichtversicherung verweist, und ob diese derartige Verhaltensweisen abdeckt, was jedenfalls dann nicht in Betracht kommen dürfte, wenn das Fahrzeug selbst versichert ist. Problematischer erscheint die Sachlage, wenn Sachschäden an dem Roller selbst auftreten. Hier könnte die Privat-Haftpflichtversicherung des Fahrers eintrittspflichtig sein, falls kein Ausschluss greift. Daneben könnte eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen werden. Letztere ist in der Regel sehr kostenintensiv und wird zu dem an dem Fahrzeug entstandenen Schaden in keinem Verhältnis stehen, sodass der Eigentümer in der Regel auf eine Vollkaskoversicherung verzichten wird.
G) Zusammenfassung und Fazit
Der „Segway“ ist als Kraftfahrzeug im Sinne des StVG, PflVG und der StVO anzusehen. Auf Grund dieser Fahrzeugeigenschaft ist er als Landfahrzeug, welches nicht an Schienen gebunden ist, auch zulassungspflichtig nach § 1 Abs. 1 StVG. Einer generellen Zulassung in Deutschland stehen nach der derzeitigen Rechtslage allerdings schon wegen der technischen Ausrüstung erhebliche Bedenken entgegen. Die angestrebte Änderung der Gesetzeslage dahingehend, für diese Gefährte eine eigene Fahrzeugklasse zu schaffen, kann daher nur befürwortet werden.
Aus seiner Eigenschaft als Kfz folgt auch die Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 PflVG. Ausnahmetatbestände sind nicht ersichtlich und auf Grund der Vergleichbarkeit zum Beispiel mit Fahrrädern mit Hilfsmotoren auch nicht sinnvoll.
Die Zulassung sollte nach den Beispielen der Ausnahmegenehmigungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen für Radwege erteilt werden. Öffentliche Straßen sollten nur genutzt werden dürfen, wenn Radwege nicht vorhanden sind und es sich um eine verkehrsberuhigte Zone oder eine innerörtliche Straße, welche kein Autobahnzeichen kennzeichnet und nicht autobahnähnlich ausgebaut ist, handelt. Der Nutzung auf Waldwegen und im Gelände sollte nicht widersprochen werden, solange es sich nicht um den öffentlichen Verkehrsraum handelt.
Die Haftungsfragen erweisen sich als sehr diffizil, sind jedoch mit dem geltenden Recht der Verschuldenshaftung nach dem BGB, unter Umständen auch über die Gefährdungshaftung des Fahrers und des Halters nach StVG lösbar.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die derzeitige rechtliche Lage hinsichtlich der Zulassung der selbstbalancierenden Elektroroller eine eher unbefriedigende ist. So ist unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zulassung erteilt werden kann, und auf welche Verkehrsräume diese zu beschränken ist. Eine bundeseinheitliche Regelung ist erstrebenswert und notwendig, wenn die Elektroroller das Straßenbild perspektivisch in höherem Maße bestimmen wollen.
Christian Wagner
Rechtsanwalt
Christian Wagner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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[1] Dietmar Kettler, NZV 2008, S. 71 ff, 72.
[2] Bundesrat – Drucksache 844 / 07.
[3] Bundesrat – Drucksache 844 / 07.
[4] Jagow / Burmann / Heß, Strassenverkehrsrecht, 20.Auflage 2008, § 1 StVG Rz 8.
[5] Hartmut Grams, NZV 1994, S. 172 ff, 174.
[6] AG Lübeck, AZ 28 C 1036/07, S. 3.
[7] Studie der Technischen Universität Kaiserslautern, Bericht S. 8.
[8] Feyock / Jacobsen / Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Auflage 2002, § 1 PflVG Rz 5.
[9] AG Lübeck, AZ 28 C 1036/07, S. 1.
[10] AG Lübeck, AZ 28 C 1036/07, S. 3.
[11] OLG Oldenburg, DAR 1996, 470.
[12] Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2007, § 2 StVO Rz 28.