Dies, so der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Leiter des Fachausschusses Ordnungswidrigkeiten-/Strafrecht des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Gerichts vom 14. Mai 2020 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 05.05.2020 (Az. III-1 RVs 45/20) entschieden und sich damit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart angeschlossen.
Der zur Tatzeit 28-jährige Angeklagte aus Aachen war gegen drei Uhr nachts mit seinem Renault in Aachen unterwegs zu einem Club. Er war mit mindestens 1,3 Promille alkoholisiert, als sich eine Zivilstreife hinter sein Fahrzeug setzte. Nach seiner nicht widerlegten Einlassung erkannte der Angeklagte nicht, dass es sich um Polizisten in Zivil handelte, sondern er fühlte sich durch das Fahrzeug bedroht. Um zu entkommen, steigerte er seine Geschwindigkeit. Auf der Flucht erreichte er mindestens 140 km/h, obwohl nur 70 km/h erlaubt waren. Nach einem Abbiegevorgang konnte er gestellt werden.
Amts- und Landgericht Aachen hatten den Angeklagten zwar wegen Trunkenheitsfahrt, nicht aber wegen Verstoßes gegen den neuen „Raserparagrafen“ (§ 315d StGB) zu einer Geldstrafe nebst Entzug der Fahrerlaubnis verurteilt. Das Landgericht hat dabei die Auffassung vertreten, dass ein Kraftfahrzeugrennen nicht vorliege, weil der „Wettbewerbscharakter“ eines Rennens nicht gegeben sei.
Auf die Revision der Staatsanwaltschat hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln das Urteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verurteilung wegen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB durchaus in Betracht komme. Die Vorschrift sei nicht nur verfassungsgemäß, sondern sie solle auch gerade die Fälle erfassen, in denen nur ein einziges Fahrzeug beteiligt sei, da es in dieser Variante des Gesetzes keines „Gegners“ bedürfe. Zwar seien bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht erfasst. Für eine Strafbarkeit sei erforderlich, dass der Täter grob verkehrswidrig und rücksichtslos fahre und in der Absicht handeln, die in der jeweiligen Situation höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei müsse – wie auch das Oberlandesgericht Stuttgart bereits entschieden habe – es nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen. Das Bestreben, möglichst schnell voranzukommen, könne auch von anderen Zielen begleitet sein, etwa den Beifahrern zu imponieren, die Fahrzeugleistung zu testen oder verfolgende Fahrzeuge abzuhängen. Auch in diesem Fall gehe der Renncharakter nicht verloren. Nach diesen Maßstäben sei auch die Tat des Angeklagten von einem spezifischen Renncharakter geprägt, in dem sich die besonderen Risiken für den Straßenverkehr und seine Teilnehmer wiederfänden. Ziel eines „Wettbewerbs“ in diesem Sinne sei nicht der bloße Sieg, sondern die gelungene Flucht gewesen. Hinsichtlich des Risikos sei das Geschehen mit einem sportlichen Wettbewerb vergleichbar.
Möthrath riet, das Urteil zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
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