Darauf verweist der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts (LG) Saarbrücken München (AG) vom 12.2.2010, Az.: 13 S 239/09.
In dem Fall verlangte die Klägerin von den Beklagten restliche 50% ihres Schadens in Höhe von (1.895,04 EUR x 50% =) 947,52 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten aus einem Verkehrsunfall, der sich auf der gemeinsamen Zufahrt zu ihren beiden Hausanwesen ereignet hatte. Bei der gemeinsamen Zufahrt handelt es sich um einen Privatweg, der nur zu dem vorderen, seitlich neben dem Weg liegenden Grundstück der Klägerin und dem am Ende des Weges liegenden Grundstück der Beklagten führt. Zu dem Unfall kam es, als die Klägerin mit ihrem PKW aus der Hofeinfahrt ihres Anwesens rückwärts auf den Privatweg fuhr und hierbei mit dem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW der Erstbeklagten, die ebenfalls von ihrem Anwesen aus rückwärts auf dem Weg fuhr, kollidierte.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei langsam aus ihrer Einfahrt ausgefahren und habe sich rückwärtig vergewissert, dass die Ausfahrt frei war. Beim Rückwärtsfahren habe sie die ebenfalls rückwärts fahrende Erstbeklagte kommen sehen, ihr Fahrzeug sofort angehalten und gehupt, um die Erstbeklagte auf ihr Fahrzeug aufmerksam zu machen. Diese sei dennoch weiter rückwärts gefahren und auf das stehende Fahrzeug der Klägerin aufgefahren.
Die Beklagten, die vorgerichtlich den Schaden auf der Grundlage einer hälftigen Haftung reguliert hatten, haben behauptet, die Erstbeklagte sei unter ständiger Beobachtung des hinter ihr liegenden Verkehrsraumes mit Hilfe der Spiegel zurückgefahren, als die Klägerin von links rückwärts aus spitzem Winkel in den Privatweg eingefahren sei.
Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Die Beklagten hafteten lediglich in hälftiger Höhe, weil beide Fahrzeugführer verkehrswidrig gehandelt hätten. Zwar habe die Erstbeklagte gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen, indem sie rückwärts gegen das stehende Fahrzeug der Klägerin gefahren sei. Aber auch die Klägerin sei gem. § 9 Abs. 5 StVO zu höchstmöglicher Sorgfalt verpflichtet gewesen und hätte sich mit Blick auf die nur eingeschränkte Sicht in den Privatweg einweisen lassen müssen, was sie unterlassen hätte.
Mit ihrer Berufung verfolgte die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Sie meint, der Privatweg sei kein öffentlicher Verkehrsraum, so dass die StVO schon nicht zur Anwendung komme. Im Übrigen sei ein Verschulden der Klägerin nicht festzustellen, da diese im Anstoßzeitpunkt gestanden habe.
Dem vermochte das Landgericht Saarbrücken jedoch ebenfalls nicht zu folgen, betont Fischer und wies die Berufung ab.
Die Annahme des Erstgerichts, hier letztlich von einer Schadensteilung auszugehen, sei nicht zu beanstanden. Zwar wiege das unachtsame Rückwärtsfahren der Erstbeklagten schwer. Dadurch, dass die Klägerin jedoch unachtsam in den Privatweg einfuhr und hierdurch ein plötzliches Hindernis für die Erstbeklagte schuf, sei ihr Verursachungsanteil jedoch letztlich gleichwertig, so dass sie mehr als die vorgerichtlich regulierten 50% ihres Schadens nicht von der Beklagtenseite ersetzt verlangen kann und die Klageabweisung daher zu Recht erfolgt sei.
Auf die Frage, ob § 9 Abs. 5 StVO bei einem Privatweg zur Anwendung komme oder nicht, komme es dabei nicht an. Denn aufgrund der Örtlichkeit – die Grundstückseinfahrt der Klägerin stößt in spitzem Winkel auf den Zufahrtsweg – bestand vorliegend eine besondere Rücksichtspflicht der Klägerin aus dem Rechtsgedanken des § 10 StVO. Nach dieser Vorschrift, die unmittelbar ebenfalls nur im Verhältnis zum fließenden Verkehr gilt, muss derjenige, der aus einem Grundstück oder anderen, nicht dem fließenden Verkehr dienenden Verkehrsflächen auf die Fahrbahn einfahren will, ein Höchstmaß an Sorgfalt einhalten, nötigenfalls sich einweisen lassen.
Fischer riet, das Urteil zu beachten und in allen Schadensfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.
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