(Kiel) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat soeben entschieden, dass nach einem Unfall kein Ersatz unverhältnismäßig hoher Mietwagenkosten bis zur Neubeschaffung erfolgt, wenn eine Notreparatur erkennbar möglich ist.
Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 18.02.2014 zu seinem Urteil vom 10.02.2014 – 13 U 213/11.
Bei einem Verkehrsunfall wurde ein Rettungswagen der Klägerin beschädigt, die Haftung der beklagten Unfallgegnerin ist unstreitig. In einem Schadensgutachten, das die Klägerin einholte, wurden ein Wiederbeschaffungswert von 9.500,00 Euro brutto und Reparaturkosten von 9.802,57 Euro brutto angegeben, sowie eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen. Die Klägerin bestellte einen neuen Rettungswagen und mietete vom 14.01. bis 08.05.2009 einen Ersatzwagen an, wodurch täglich Mietwagenkosten von 890,12 Euro, insgesamt 103.951,26 Euro entstanden. Die beklagte Versicherung weigerte sich, mehr als 31.011,00 Euro an Mietwagenkosten zu bezahlen. Auf ihre Klage sprach das Landgericht Konstanz der Klägerin weitere ca. 69.000,00 Euro an Mietwagenkosten zu.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Karlsruhe das Urteil insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, so Schlemm.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten. Die restlichen Kosten von ca. 69.000,00 Euro gehörten nicht zum „erforderlichen“ Herstellungsaufwand für das beschädigte Fahrzeug, den ein Schädiger gemäß § 249 BGB zu ersetzen habe. Es bestehe nämlich das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung. Zwar verlange das vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Aber es bedeute, dass nur diejenigen Aufwendungen vom Schädiger zu tragen seien, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erschienen. Das Risiko unangemessen ausgedehnter Mietwagenkosten voll auf den Schädiger abzuwälzen, könne mit diesem Grundgedanken mitunter nicht mehr zu vereinbaren sein, so dass der Geschädigte gehalten sein könnte, einen Gebrauchtwagen als Interimsfahrzeug anzuschaffen oder sich zunächst einmal mit einer Notreparatur zufrieden zu geben.
Gemessen daran sprenge der hier entstandene Aufwand an Mietwagenkosten jeden Maßstab einer wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung. In einem Ausnahmefall wie hier, in dem von vornherein feststehe, dass die Beschaffung eines Ersatzrettungswagens mindestens drei Monate dauere und die Anmietung eines Spezialfahrzeuges über einen solchen Zeitraum immense Kosten verursache, müsse der Geschädigte in den jeweiligen Kostenvergleich nicht nur die Kosten der Reparatur einerseits und den Wiederbeschaffungswert andererseits einstellen, sondern auch die Mietwagenkosten. Wenn die Klägerin sich entschlossen habe, ein Neufahrzeug zu bestellen, dessen Auslieferung vom Zeitpunkt der Bestellung an mindestens drei Monate dauern würde, sei sie gehalten gewesen, alle in Frage kommenden Möglichkeiten zu ergreifen, mit denen die Kosten für ein anzumietendes Ersatzfahrzeug in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen würden gehalten werden können. Nach dem eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten stehe fest, dass das verunfallte Fahrzeug mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand von ca. 3.200,00 Euro in einen verkehrssicheren Zustand hätte versetzt und in dem zu überbrückenden Zeitraum bis zur Auslieferung des neuen Wagens ohne Bedenken als Rettungswagen hätte eingesetzt werden können. Dann wären auch nur Mietwagenkosten für höchstens 8 Tage für die Reparatur und für die Überprüfung der medizinischen Geräte hinzugekommen.
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass das beschädigte Fahrzeug für eine Notreparatur gar nicht zur Verfügung gestanden habe, weil sie es auf ausdrückliche Weisung der beklagten Versicherung verkauft habe. Die Versicherung sei bei dieser Entscheidung von einer Wiederbeschaffungsdauer wie im Gutachten von 14 Tagen ausgegangen. Die Klägerin dagegen habe bereits vor dieser Anweisung gewusst, dass sich die Lieferung des Neuwagens voraussichtlich bis Ende April hinziehen würde und sich die täglichen Mietwagenkosten auf 890,12 Euro beliefen. Deshalb und wegen der Geringfügigkeit der erkennbaren Beschädigungen am Fahrzeug hätte sich der Klägerin die Frage nach einer möglichen Notreparatur von Anfang an aufdrängen müssen. Sie hätte deshalb an den Sachverständigen auch die Frage nach einer behelfsmäßigen Herrichtung des Fahrzeugs in einen verkehrssicheren Zustand und deren Kosten stellen müssen. Wenn die Klägerin auf die beschriebene Weise dem Gebot, sich wie ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Geschädigter zu verhalten, nachgekommen wäre, wären lediglich folgende Schadenspositionen entstanden: Wiederbeschaffungswert von 9.500,00 Euro abzüglich Restwert von 3.500,00 Euro = 6.000,00 Euro, Kosten für die Notreparatur plus Überprüfung der medizinischen Geräte von insgesamt ca. 3.200,00 Euro, Mietwagenkosten für 22 Tage (14 Tage für die Suche nach einem Ersatzfahrzeug und die Klärung der Frage einer vorläufigen Herrichtung sowie 8 Tage für Reparatur und Überprüfung) 19.582,64 Euro.
Schadensersatz in dieser Höhe ist aber bereits geleistet worden. Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Schlemm empfahl, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.
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Romanus Schlemm
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